…einmal mit Profis…

Mitten in einem Zeitraum meiner beruflicher Veränderung beschließt meine 81-jährige Mutter, daß sie umziehen will. Da ich zum helfen recht wenig Zeit habe, beschließen wir diesmal alles von Profis erledigen zu lassen.


Küchenplanung – gewohnt gut mit Küchen-Quelle, aber in der altengerechten Wohnung müssen für die geplante Küche ein paar Änderungen der Elektrik erfolgen:

  • Lichtschalter hoch setzen
  • neue 3-fach Steckdose anbringen für Küchengeräte und Mikrowelle
  • Steckdose für Dunstabzugshaube anbringen
  • Steckdose für Kühl-Gefrier-Kombi anbringen
  • im Wohnzimmer eine vom Vormieter angebrachte Kettenschaltung (Dreifachsteckdose in Dreifachsteckdose in Dreifachsteckdose) entzerren und Kabel neu verlegen.

Keine Raketenwissenschaft, aber halt zeitintensiv – also Elektriker suchen. Lokal – Fehlanzeige. Ausgebucht, im Urlaub, gar kein Rückruf. Also Suchradius vergrößern mit Hilfe des Check24 Portal für Profis. Dort meldet sich noch am gleichen Tag Patrick Fricke, Elektriker aus Detmold. Die Angaben lesen sich brauchbar: 10 Jahre Berufserfahrung, Meisterbrief (inzwischen kann man sich in Deutschland ja auch ohne Meisterbrief selbständig machen) – und er hat auch noch kurzfristig Zeit. Also gebucht.

Der erste Auftritt bei der Objektbesichtigung war positiv, er machte sich fleissig Notizen, zudem bekam er dann auch noch von mir die Aufmaßpläne der Küche zur genaueren Bestimmung der benötigten Materialmengen.

Dann der erste kleine Rückschlag: Der vereinbarte Montage-Termin wurde abgesagt, weil er benötigtes Material nicht bekommen hatte. Da er zudem kurz darauf Urlaub hatte, wurde es langsam prekär, die Arbeiten abzuschließen bevor die Küche geliefert wird. Wenige Tage später dann eine SMS, das Material sei „aus irgendwelchen Gründen“ schon früher geliefert worden und er bot einen Termin für den nächsten Tag an. Sehr kurzfristig, so dass ich nicht mit vor Ort sein konnte, aber gut, er hatte ja seine Pläne und Notizen…..

Am nächsten Tag brauchte er volle 5 Stunden vor Ort – und die Berichte meiner Mutter, die die gesamte Zeit mit ihm in der Wohnung war, verhießen nichts Gutes. „Mehr herumgestanden als gearbeitet“, „Stand immer wieder kopfschüttelnd vor den Plänen“ – ich kann zwischen den Zeilen lesen und ahnte, dass da mehr hinter war. Also bat ich meine Mutter, am kommenden Tag noch einmal in die Wohnung zu gehen und die ganze Pracht zu fotografieren, da ich erst am darauffolgenden Freitag wieder vor Ort sein konnte. Zeitgleich traf die Rechnung bereits ein mit großzügig auf 5 aufgerundeten und abgerechneten Arbeitsstunden (Mitwettbewerber hatten den Aufwand auf 2-3 Stunden geschätzt) – und einem fantastischen Zahlungsziel von 5 Tagen!

Die Bilder, die ich dann erhielt, kann man in Worten kaum beschreiben.

Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich nicht der Heimwerker vor dem Herrn bin – ganz im Gegenteil, ich bin mehr der Tüftler und Planer – aber was uns da von einem selbsternannten Profi präsentiert worden war…. Halleluja!

Nach Rücksprache mit einem Freund der Handwerkskammer Bielefeld verfasste ich eine ausführliche Mail in der sämtliche Mängel mit Fotos dokumentiert wurden und ich explizit auf die dilettantische Umsetzung hinwies (Auszüge folgen unten) und bot Herrn Fricke an, innerhalb der gesetzlichen Frist von 10 Tagen seine Arbeit zu korrigieren, oder aber seine Rechnung drastisch auf nur eine Arbeitsstunde zu kürzen und ich selbst korrigiere den Pfusch so gut ich kann. Unerwartet ging Herr Fricke innerhalb von 24 Stunden und ohne Diskussion auf die Rechnungskürzung ein – mag sich jeder selbst denken, was das aussagt…

Hier nun die zu erledigenden Arbeiten, deren Umsetzung – und meine Korrekturen, für die ich einen Samstag lang 7 Stunden für Rückbau und Neuverlegung brauchte.

Aufgabe 1: Lichtschalter hoch setzen, Zwei- oder Dreifachsteckdose daneben setzen und die neuen Steckdosen separat absichern

Erledigt: Schalter hochgesetzt und nur eine Steckdose, keine separate Absicherung.

Die einzelne Steckdose statt der erwarteten 2 oder 3 wurde begründet mit Ständerwerk rechts vom Schalter. Warum dann nicht nur der Schalter nach oben gesetzt wurde und die Dreifachsteckdose 20cm weiter rechts – das wird wohl immer sein Geheimnis bleiben. Die Zuleitung wäre dann vom Sicherungskasten auch simpel gewesen, denn der Sicherungskasten hätte dann ca. 30 cm über der neuen Steckdose gesessen….

Mängeleintrag 1: Nur eine Steckdose, keine separate Absicherung der Steckdose.

Aufgabe 2: Steckdose für Dunstabzugshaube anbringen. Zuleitung sollte von der nächstgelegenen Steckdose hinter den Unterschränken abgezweigt werden, mit Kabelkanal über die Fußleiste bis hin zu dem Pfeiler, an dem die Dunstabzugshaube sitzt. Dann im verdeckten Winkel am Pfeiler nach oben bis unter die Decke, da diese Zuleitung auch für Aufgabe 3 benötigt wird. Von dort um den Pfeiler und mittig auf dem Pfeiler senkrecht nach unten zur Steckdose in 1,90m Höhe.

Dieses Meisterwerk muss man auf sich wirken lassen und braucht ein paar Details.
Fangen wir mal mit dem offensichtlichen an:

  • Der Kabelkanal läuft auf 2m Höhe mitten über die Wand (siehe Plan-Bild am Anfang dieses Beitrags)
  • Es wurde eine Zweifach- statt einer Einfachsteckdose angebracht
  • Die Steckdose hat seitlich offene Enden für den Kabeleinlass, die wurden aber nicht genutzt
  • der Kabelkanal beginnt an einem Loch in der Wand, wo einzelne Adern in den Kanal gehen
  • Der Kabelkanal endet 15cm vor der Steckdose, der Rest des Kabels hängt frei
  • Das Kabel endet Millimeter über der Steckdose, nur die Adern gehen in die Steckdose
  • Der Kabelkanal hat in den Ecken Löcher!

Zeit für ein paar Detailbilder:

Man beachte die einzelne Ader, die nicht einmal in das scharfkantig gebrochene Loch geht, sondern einzeln eingeklemmt wurde….

Übrigens – den Deckel habe ich nicht abgezogen. Dieses Kunstwerk fand ich exakt so vor. Der Kabelkanal nicht auf Gehrung geschnitten, nicht mal auf Stoß, nein die Ecke ist komplett offen, mit freiem Blick auf das Kabel.
Sowohl an der vorderen Ecke als auch an der hinteren Ecke kann man sehen, dass der Kanal zu kurz geschnitten wurde. In alle Richtungen!

Die Zuleitung – wäre der Kanal hier 2cm länger gewesen, unten offen und am Ende ein Stopfen – alles wäre ok. So aber sieht das aus wie „Schon dreimal abgeschnitten und immer noch zu kurz.“

…und wo verbindet man ein Kabel? Richtig, mitten im Kabelkanal….. NICHT!

Summieren wir mal das Offensichtliche aus Aufgabe 2 auf. Auf die Kabelkanäle gehe ich am Ende ein. Spoiler: Das wird noch „besser“!

Mängeleintrag 2: Für die Dunstabzugshaube wurde eine Doppelsteckdose statt der geforderten Einzelsteckdose gesetzt

Mängeleintrag 3: Die Kabelzuführung mit Kabelkanal zur Dunstabzugshaube wurde nicht, wie gefordert, in der verdeckten Kante der Säule geführt und von der Decke per Stichkanal senkrecht auf dem Pfeiler, die Zuführung sollte von der Steckdose an der gleichen Wand wie der Pfeiler mit der Dunstabzugshaube erfolgen.

== Ausbesserung ==

Aufgabe 3: Steckdose für Kühl-Gefrierkombination setzen. Zuführung von dem Deckenkanal zur Dunstabzugshaube bis in die rechte Zimmerecke, senkrecht bis zur Fußleiste, auf Fußleiste zurück bis zur Steckdose, senkrechter Stichkanal nach oben.

Ein weiteres Meisterwerk. Um seine Klasse zu erkennen, sollte man noch wissen, dass die Tür links im Bild die Wohnungstür ist. Wer immer rein kommt oder raus geht wird somit direkt konfrontiert mit:

  • Einem Kabelkanal, der da nie hin sollte, geplant war er an der Decke und in Ecken
  • Einem Kabelkanal mit zwei nach oben gerichteten Löchern als Drecksammler

Gehen wir einfach mal ins Detail…

Der Kabelkanal ist oben offen, freien Blick auf das Kabel, wie es aus der Wand kommt. Der perfekte Dreckfang. Dass man beim Licht einschalten mit den Fingern schnell an den Kanal kommen könnte – ach was, bestimmt nicht. Und dann sitzt der nicht einmal mittig unter dem Schalter. Wo lernt man so etwas?!
Ach ja, die Zuführung in die Unterputzdose wurde von der Seite in diese Dose gebohrt – als Folge kann man die Unterputzdose nicht einmal mehr nach vorne ziehen für Wartungsarbeiten…..

Die Steckdose wurde von dem Elektriker neu gesetzt. Der Kabelkanal auch. Warum, zur Hölle, geht der Kabelkanal NEBEN der Steckdose nach oben? Ach ja – auch hier wieder der offene Schmutzfang….. Von Stopfen um den Kabelkanal abzuschließen hat er scheinbar noch nie etwas gehört…

…und zur Krönung auch noch unten wieder eine nette Wohnhöhle für Spinnen oder Silberfische…..

Mängeleintrag 3: Die Kabelzuführung zur Kühl-/Gefrierkombi wurde nicht, wie gefordert über einen Kabelkanal am Übergang Wand/Decke, über die rechte Seitenwand und zurück über die Fußleiste geführt, sondern vom Lichtschalter mit deutlich sichtbarem Kanal mitten auf der Wand.

== Ausbesserung ==

Da nun schon einmal in dem Schalter alle 3 Adern liegen, habe ich mit einem Dosenbohrer über der Fußleiste die Rigips-Wand geöffnet, das Kabel sauber hinter der Wand verlegt und nur einen Kabelkanal über die Fußleiste gezogen, um nicht durch das Ständerwerk kreuzen zu müssen. Durch die Verlängerung des Kabelkanals bis zur Zarge wird der Kabelkanal nahezu unsichtbar.
Die Bohrungen über der Zarge sind bis jetzt nur eingesetzt und müssen noch verspachtelt und gestrichen werden, ebenso wie die alten Durchbrüche des Elektrikers.

Aufgabe 4: Im Wohnzimmer die Staffette aus Verlängerungskabeln mit Mehrfachsteckdosen des Vormieters entfernen, Dreifachsteckdose am Ende der Staffette ordentlich anschließen, Zuführung aus gegenüberliegender Steckdose holen, Kabel ordentlich auf Fußleiste verlegen.

Wieder einmal keine einzige Kabelkanalecke, die auch nur halbwegs auf Länge passt, offene Kabelkanalecken (vielleicht soll das ja Belüftung sein?!), scharfe Kanten. Optisch: Pfui – technisch: Pfusch!

Und die Steckdose am Ende mit einer Schlaufe angeschlossen?! Warum???? Damit man beim saugen da einfädeln kann?

Noch ein paar mehr Details:

Links der Deckel zu kurz, in der Mitte steht der Kanal von der Wand ab, die rechte Ecke…. wenn man rein zoomt sieht man, dass hier einfach nur die Seitenwände des Kanals eingeschnitten und der Kanal umgeknickt wurde – deshalb ist auch in der Ecke kein Material übrig.

Auch sehr schön. Stückelungen aus unterschiedlichen Kabelkanalgrößen (rechts und mitte), der Deckel wurde durch die Ecke über die zu kurz geschnittenen Stücke gebogen?! Und überlappt am Ende mit dem rechten Kanal???

Machen wir es kurz:

Mängeleintrag 4: Sämtliche Kabelkanäle – in Küche und Wohnzimmer – sind ungenau zugeschnitten. Stoßstellen sind offen, ebenso wie die Kanalenden. Als Folge müssen ALLE Kabelkanäle neu verlegt werden.

== Ausbesserung ==

Alle Kabelkanäle neu verlegt, sichtbare Ecken auf Gehrung geschnitten, verdeckte Ecken auf Stoß. Nicht alle perfekt, aber deutlich besser als vom Profi. Und der „Wassersack“ wurde auch noch entfernt.
Der Kabelkanal an der Steckdose wird noch bis zur Türzarge verlängert, damit sich ein einheitlicheres Bild ergibt.


Fazit:

SÄMTLICHE Aufgaben wurden miserabelst ausgeführt. „Hingeschludert“ hätte mein Meister damals gesagt. Ich weiß, es ist 35 Jahre her, dass ich meine VDE-Scheine etc. gemacht habe – aber mir will man jetzt doch nicht im ernst erzählen, dass das, was da abgeliefert wurde, eine professionelle Arbeit ist? Nicht ein einziger Kabelkanal ist auf Maß, keine Stoßstelle ist sauber und macht das, wofür der Kabelkanal da ist: die Sicht auf das Kabel verdecken.
Pro-Tipp: Es gibt Endstücke für Kabelkanäle, wie z.B. Lamellenstopfen.
Pro-Tipp: Für Stoßstellen schneidet der Profi Kabelkanäle auf Gehrung. Das lernt man im ersten Lehrjahr. Und selbst der einfache Heimwerker arbeitet auf Stoß.

Wofür habe ich mit dem „Profi“ die Arbeiten vor Ort durchgesprochen, er sich Notizen gemacht und ich ihm die Pläne geschickt, wenn er danach alles ignorieren und laienhaft – denn anders kann man das nicht nennen – abliefert? In Wohnbereichen Kabelkanäle mitten auf Wände setzen? Wo lernt man soetwas?

10 Jahre Berufserfahrung? Klar, warum nicht. Man kann auch 10 Jahre rumstümpern und nichts dazu lernen – und sich danach selbständig machen. Optimistisch, respekt – aber für seine „Opfer“ leider eine übelste Bauchlandung.

Schnell war er eigentlich nur im Rechnungsschreiben…

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